Die letzten Zeugen - Das Buc

EDITH KORNFEIN


 
 

EDITH KORNFEIN

(früher Kornfein)
geb. 1920-01-01
lebt heute in Österreich


Diese Geschichte wurde im Projekt "Die Letzten Zeugen" erstellt.

Edith Kornfein besuchte im März 1938 die 7.Klasse eines Gymnasiums in Wien-Meidling. Nach dem "Anschluss" wurde sie aus ihrer Schule ausgeschlossen. Als Tochter einer "Mischehe" konnte sie den Krieg in Wien überleben, wo sie auch heute noch wohnt.

Krankenschwester mit Judenstern im nationalsozialistischen Wien

Die Schüler und Schülerinnen der HLWBLA aus Wieselburg recherchierten die Lebensgeschichte der Familie Kornfein.

Eines Tages erhielten wir als Antwort auf unseren Brief an Eric Kornfein, der im Alter von 12 Jahren in einem so genannten Kindertransport von Österreich nach England gekommen war und dessen Lebensgeschichte wir nun recherchieren wollten, endlich eine Nachricht aus London. Doch Eric Kornfein empfahl uns, unsere vielen Fragen doch lieber an seine in Wien lebende Schwester Edith Kornfein zu richten, die den Holocaust und den Krieg als „halbjüdische“ Krankenschwester, die den Judenstern tragen musste, mitten im nationalsozialistischen Wien überleben konnte.
Also nahmen wir Kontakt zu Edith Kornfein in Wien auf. Sie legte uns in der Folge mit großer Freude und persönlichem Interesse brieflich
und bei zwei Besuchen die Geschichte Ihrer Familie dar.
Ihre Großeltern lebten in Waidhofen/Ybbs. Deren Sohn Siegmund Kornfein, der Vater von Edith und Eric Kornfein, zog nach Wien und erlebte dort Theodor Herzl und die zionistische Bewegung aus nächster Nähe mit. Nach seiner technischen Ausbildung war er in der Israelitischen Kultusgemeinde Wien tätig, unter anderem auch bei der Errichtung des neuen Jüdischen Friedhofes (Tor 4) auf dem Wiener Zentralfriedhof.
Die Zionisten hatten in der IKG Wien die Mehrheit errungen. Ihr Ziel war nicht nur die Einwanderung nach Palästina (Erez), sondern
vor allem ein spezifisches Minderheitenrecht (heute würden wir es wahrscheinlich Bürgerrecht nennen) für jüdische Mitbürger in Österreich. Ing. Siegmund Kornfein wurde Generalsekretär des Allgemeinen Zionistischen Verbandes und Chefredakteur der Wochenschrift „Die Stimme“, die schon in den frühen 30er-Jahren befürchtete, dass Österreich und den Juden dasselbe Schicksal bevorstünde, weil ihnen beiden im Ernstfall kaum jemand helfen würde.
Siegmund Kornfein war – wie viele Zionisten – nicht religiös, das heißt, nicht orthodox und war in einer Mischehe mit Wilhelmine Graf
verheiratet. Die Kinder erinnern sich an die unterschiedlichen religiösen Welten.
Eric Kornfein schreibt dazu: „Not surprisingly, it seems that their relationship and marriage was looked upon with considerable disfavour by both sets of relatives. For example, I understand my father’s mother apparently never used the intra-familial ‘Du’ when speaking to my mother on the few occasions they met, always addressing her ‘Sie’. On my mother’s side the attitude appears to have been informed by a thinly disguised anti-semitism.“
Seine Schwester Edith Kornfein schildert eindringlich ihre Erlebnisse, als sie selbst als Halbjüdin den Stern zu tragen hatte – den sie
heute noch in ihrer Wohnung an der Wand täglich vor sich sieht – und als ihre mutige Mutter beflegelt wurde, als Arierin mit einer Jüdin auf der Straße zu gehen.
Siegmund Kornfein überlebte die NS-Zeit in Wien und starb, kurz nachdem er den ersten Vertreter des Staates Israel 1948 in Wien begrüßt hatte.
Edith Kornfein besuchte im März 1938 die 7. Klasse eines Gymnasiums in Wien-Meidling (ihre Klassenkolleginnen waren unter anderem die spätere Schauspielerin Susi Nicoletti sowie eine Tochter von Bundespräsident Miklas). Nach dem „Anschluss“ erfolgte ihr Ausschluss
aus der Schule. Weil Edith Kornfein für einen Kindertransport bereits zu alt war und keine Chance hatte, einen Platz für die Ausreise zu erhalten, entschloss sie sich zu einer Ausbildung als Krankenschwester im Lorenz-Böhler-Spital, wo sie auch Viktor Frankl begegnete.
Später wurden die jüdischen Ärzte, die Schwestern und Patienten gezwungen, in der Malzgasse, einer ehemaligen Schule in Wien-
Leopoldstadt, ein Notspital zu errichten, das sie schließlich auch räumen mussten, um notdürftig in der Seegasse, einem früheren
Altersheim unterzukommen. Hier überlebte Edith Kornfein den Krieg und den Holocaust.
Für alle Fälle hatte die Hausmeisterin, die Frau eines eingerückten Nationalsozialisten, der Familie Kornfein versprochen, ihnen beim Untertauchen behilflich zu sein.
Eric Kornfein beschreibt seine Erinnerungen über seinen Abschied von der österreichischen Heimat so :
„Indeed it was this fact – that my mother was non-jewish, although she had to suffer every kind of insult, indignity and hardship – enabled her to protect my father from deportation to one or another of the dead camps. With regard to my own childhood, this was more or less normal until the Anschluss and whatever anti-semitism there was, I was successfully sheltered from it.
However, after a very short time following the Anschluss, I, and all children of jewish origin were expelled from school. But even during the brief period before expulsion, discriminatory practices and a degree of persecution began. Not much later we were all ejected from our flat
in Meidling and rehoused in a large old apartment house together with other jewish families. But the worst incident occurred on the day of Kristallnacht when the SA tried to set our makeshift school alight whilst some 20 or 25 of us 12-year-olds were at lesson.
I finally left Vienna on the 11th of December 1938 on one of the Kindertransporte headed for England. This I understand was negotiated by my parents who, together with my sister, remained behind ...“
Unsere Frage, wie Eric Kornfein wieder Kontakt zu seiner Familie in Wien fand, beantwortete er so : „In March 1945 I volunteered for the armed forces and after a period of training and other duties in the UK (United Kingdom), was posted to a cavalry (armoured car) regiment which had its Headquarter in Carinthia but had separate detachments in Graz and Vienna. I successfully applied for a ‘compassionated posting’ to Vienna which enabled me to re-establish contact with my family although my posting was only for a period of 6 weeks ...“

SchülerInnen des HLWBLA Wieselburg

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