Die letzten Zeugen - Das Buc

CHAVA KOHAVI-BINES


 
 

CHAVA
KOHAVI-BINES

lebt heute in Israel


Diese Geschichte wurde im Projekt "Botschafter" erstellt.

Andreas Zündel, Schüler, trifft als Botschafter der Erinnerung im März 2008 Chava Kohavi-Bines in Israel.

"Frau Hirsch, Sie leben auch noch!?"

Chava Kohavi-Bines erzählt dem Schüler Andreas Zündel, wie sie Theresienstadt, Auschwitz und Großrosen überleben konnte.

Chava wurde am 21.4.1927 in Wien geboren. Sie lebte zusammen mit ihren Eltern Friedericke und Hans Hirsch in der Petzvalgasse 4 im 4. Bezirk. Sie besuchte die Volksschule und ein Jahr lang das Gymnasium in der Rahlgasse im 6. Bezirk. Im Schuljahr 1938/39 besuchte sie die Bürgerschule in der Sperlgasse und im Herbst 39 das Chajesgymnasium. Im August 38 begannen die ersten Repressalien gegenüber der Familie Hirsch, als sie in den 2. Bezirk umsiedeln mussten, angesprochen auf die Frage ob ihre Eltern gläubige Juden gewesen seien, verneinte Chava und sagte, dass diese konfessionslos waren.

Da ihr Vater schon früh, die Bedrohung durch die Nationalsozialisten erkannt hatte, setzte er sich im Dezember des Jahres 1939 nach Belgien ab, allerdings wurde Chava später mitgeteilt, dass er 1943, von Nationalsozialisten in Frankreich festgenommen, nach Auschwitz deportiert und dort auch ermordet wurde.

Nach der Flucht ihres Mannes, ließ sich Friedericke scheiden und heiratete 1941 in Wien Heinrich Schornstein. 1942 ereilte Chava das selbe Schicksal wie vielen anderen Wiener Juden, gläubig oder nicht, sie wurde mit ihrer Mutter, ihrem Stiefvater und ihrer Stiefschwester nach Theresienstadt deportiert. In Theresienstadt lernte sie Harry Linser kennen, der im Zuge der Israelreise von Gabriel Dreier besucht wurde. Beide waren sich einig, dass Theresienstadt der Himmel gewesen war, gegenüber dem, was später noch folgen sollte!

1944 folgte laut Chava und Harry die Hölle auf Erden, sie wurden nach Auschwitz geschickt. Chava erzählte, dass in Theresienstadt, niemand so richtig wusste, was Auschwitz wirklich war, obwohl es Gerüchte gab. Als Chava im Oktober aus dem Viehwagon, in dem sie transportiert wurde ausstieg, wurde sie sogleich, von ihrem Stiefvater getrennt, und mit ihrer Mutter ihrer Stiefschwester zu einer langen Warteschlange mit Frauen und Kindern gebracht. Als nun ihrer Mutter und ihre Stiefschwester an 1. Stelle der Schlange waren, entschied eine einzige Daumenbewegung über Leben und Tod. Sie wurde nach links gebracht ihre Mutter und ihre Stiefschwester nach rechts, sie sah beide nie wieder. In den zehn Tagen in denen Chava in Auschwitz war, lernte sie die Grausamkeiten des Lagers kennen, das Gepäck, welches sie bei der Ankunft noch gehabt hatte, war ihr schon längst abgenommen worden und alles was ihr blieb war ein dünnes Hemd und dünne Unterwäsche.Chava erzählte eine Geschichte von einer anderen Frau, die Auschwitz nicht mehr ausgehalten habe und deshalb den Freitod durch die elektrische Umzäunung des Lagers gewählt hatte, außerdem erzählte sie, dass sie eines Nachts die Schornsteine der Krematorien beobachtet, je eine Stichflamme empor schoss und sie in jenem Moment genau wusste, dass so eben der Leichnam ihrer Mutter verbrannt worden war. Chava hatte „Glück“ nach 10 Tagen meldete sie sich für einen Einsatz in einer Fabrik, Glück hieß, dass sie tatsächlich einen Arbeitseinsatz hatte und sich nicht für einen der Todesmärsche gemeldet hatte.

Sie kam in ein Nebenlager, des Konzentrationslager Großrosen, Metzdorf. Dort begann sie in einer Flachsfabrik zu arbeiten, wiederum unter widrigsten Umständen. In dieser Fabrik, wurden Decken, Hemden und andere Dinge für die Wehrmacht hergestellt, die Häftlinge, mussten die gerissenen Flachsfäden den ganzen Tag wieder miteinander verknüpfen, ohne Schutzkleidung, den Chemikalien des Färbens ausgeliefert.

Als der Krieg zu Ende ging und die Russen schon sehr nah waren, gebar eine der Gefangenen ein Kind, dieses Kind hätte eigentlich den Tod für das Kind und die Mutter bedeutet, jedoch wurde sie nicht nach Auschwitz zurückgeschickt, sondern durfte in der Fabrik bleiben, dies war das einzige Mal, dass Chava eine Spur von Menschlichkeit bei einer der SS-Frauen sah, als sie das Neugeborene und die Mutter auf ein Zimmer mit warmen Bett brachte. Chava vermutet allerdings, dass die Gefangene nicht getötet wurde, weil die Bahnverbindung nach Auschwitz schon zerstört worden war.

Im Mai 1945 mussten sich alle Gefangenen im Hof der Fabrik versammeln und wurden von den Aufseherinnen dazu angewiesen im Hof zu verharren, während die Wärterinnen sich in den Luftschutzbunker begaben, um den sowjetischen Bombardierungen zu entgehen. Dieses Ereignis nutzt Chava um zu flüchten und zurück nach Wien zu gehen, jedoch war ihre Ankunft in Wien so verstörend, dass sie sich dachte, die Stadt so schnell wie möglich zu verlassen. Als sie zu ihrem ehemaligen Haus kam, wurde sie von der Haushälterin mit den Worten: „ Frau Hirsch, Sie leben auch noch?!?“ , begrüßt, auch ansonsten wurde sie nicht unterstützt, weder von Verwandten, noch von Bekannten, so entschloss sie sie auch mit Freunden nach Prag zu ziehen. Von dort wanderte sie dann im Zuge der Jugend Alija nach Palästina/Erez aus. Sie kam in das Kibbutz Dorot. Bei einem Bombenangriff im Jahr 1948 wurde sie verletzt und wurde nach ihrer Genesung nach Jerusalem zur Lehrerausbildung geschickt. Von da an arbeitete sie in der Schule des Kibbutz und dem Internat der Jugend Alija.

In den 70ern arbeitete Chava in der Kostenrechnung der Kibbutzfabrik zur Herstellung von Bewässerungsanlagen. In den 80ern arbeitete sie dann in der Berzirkskibbutzvereinigung. Ab dem Jahr 1987 bis ins Jahr 2000 arbeitete sie in der Kibbutznäherei. Im Kibbutz heiratete sie 1951 Raphael Kochavi (vorm. Sternberg), sie hat 2 Töchter und vier Söhne: Carmit, Smadar sowie Yariv, Itai, Neta und Buni, des weiteren hat Chava ein eigenes Buch mit ihren Erinnerungen an die Zeit des Nationalsozialismus geschrieben: "Koffer und Rucksäcke".

Andreas Zündel, BG Bregenz, 2008


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