Die letzten Zeugen - Das Buc

DOROTHEA NEFF


 
 

DOROTHEA NEFF

wirkte in Österreich, Wien

Wiener Schauspielerin versteckte fünf Jahre lang ihre jüdische Freundin

Dorothea Neff versteckte die Kostümbildnerin Lilly Wolff und rettete sie vor dem KZ: "Du bleibst bei mir, jetzt und weiterhin."

Die 1903 geborene Wiener Schauspielerin Dorothea Neff versteckte zwischen 1941 und 1945 ihre jüdische Freundin Lili Wolff und gefährdete damit ihre Theaterkarriere und ihr Leben.

Dorothea Neff kannte Lili, die einen Modesalon besaß, aus ihrer Theaterzeit in Deutschland. Als Lili 1941 nach Wien kam, nahm sie Dorothea Neff in ihrer Wohnung in der Annagasse 8 auf. Obwohl Dorothea eine populäre Schauspielerin im Volkstheater war, kamen sie und Lili, die illegal und ohne Reiseerlaubnis aus Berlin nach Wien gekommen war, nicht mit der Gage Dorotheas aus. Lili hatte keine Lebensmittelkarte und so musste Dorothea Neff ihren Schmuck versetzen, um überleben zu können

Als Gefahr drohte, dass Lili von der Gestapo entdeckt werden könnte, beschloss diese auf Anraten Dorotheas, sich beim Polizeipräsidium zu melden und anzugeben, dass sie ihre Reiseerlaubnis aus Berlin nach Wien verloren hätte.

Sie bekam einen Pass mit einem Judenstempel, eine Lebensmittelkarte und wurde in eine jüdische Wohnung im zweiten Bezirk als Untermieterin zugeteilt. Bis zum Spätherbst 1941 musste sie mehrere Male umziehen, da den Juden die Wohnungen systematisch weggenommen wurden.

Im Oktober 1941 wurde Lili von der Gestapo aufgefordert, sich für ihre Deportation fertig zu machen. Als Dorothea dies hörte, sagte sie zu Lili: "Du bleibst bei mir, jetzt und weiterhin."

Dorothea Neff stellte ihrer Haushälterin, Frau Ottenstein, der sie ein anständiges Trinkgeld zusteckte, Lili als eine Freundin aus Deutschland vor, die ausgebombt wurde und zeitweilig bei ihr wohnen muss. Lili litt unter ständiger Angst und Depressionen und Dorothea tröstete sie und flößte ihr Mut ein, "mit Hitler wird es bald zu Ende gehen", sagte sie ihr. "Ich bin überzeugt davon."

Dorothea und Lili mussten mit einer Lebensmittelkarte auskommen. Die Rationen reichten gerade zum Überleben. Die wichtigen Lebensmittel bekam man nur auf zugeteilte Marken. Dorothea profitierte beim Schwarzhandel von ihrer Popularität und der Gemüsehändler und die Greißlerin gaben ihr gelegentlich ein Stück Butter, ein paar Eier, Wurstsemmeln und Gemüse.

Die ständige Gefahr entdeckt zu werden, der Hunger und die nervliche Belastung wirkten sich auf den Gesundheitszustand Lilis aus und sie bekam eine schwere Magenkrankheit. Dorothea musste wochenlang vor den Theaterproben und Auftritten Haferschleimsuppe kochen, weil Lili nichts anderes essen konnte. Dorothea wog bei einer Größe von 1,75m nur 48 kg, Lili bei 1,60m kaum über 40 kg.

Im Frühjahr 1944 bekam Lili eines Tages starke Schmerzen. Dorothea brachte sie zu ihrem Arzt und stellte sie als ihre Freundin unter dem Namen Antonie Schmid (Namen ihres verstorbenen Mannes und ihres zweiten Vornamens) vor, die nach einem Bombenangriff alles, auch ihre Dokumente, verloren hatte und zu ihr geflüchtet war. Der Arzt entdeckte ein Geschwulst in der Brust, das auf Krebs hindeutete. Er ordnete eine sofortige Operation an und Lili wurde ins Allgemeine Krankenhaus eingewiesen. Die Operation verlief gut, der Tumor erwies sich als gutartig. Im Laufe von über drei Wochen besuchte Dorothea ihre Freundin täglich im Krankenhaus. Nach ihrer Entlassung nahm Dorothea sie wieder zu sich.

Am 2. September 1944 wurden in Wien alle Theater geschlossen. Dorothea wurde in eine Fabrik in der Wurmsergasse eingeteilt, in der Uniformteile und Hemden erzeugt wurden. Sie sorgte die ganze Zeit für Lili und blieb mit ihr in der Wohnung, auch als Luftschutzsirenen ertönten.

Nach der Befreiung setzte Dorothea Neff ihre Karriere im Volkstheater, Burgtheater und Akademietheater fort. Mit ihrer Hilfe konnte Lili nach Amerika fahren und ließ sich in Dallas nieder. Bei einer feierlichen Zeremonie im Wiener Akademietheater wurde Dorothea Neff 1979 vom Yad Vashem die Ehrenmedaille der "Gerechte unter den Völkern" verliehen.

Quelle Meisels (1996) "Die Gerechten Österreichs"
Siehe Gutman et al. (2005) "Lexikon der Gerechten unter den Völkern: Deutsche und Österreicher"

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