Liste der Ermordeten


Folgende Informationen sind von Hans Cramer verfügbar:

geboren am 26.07.1907 in Wien
letzte bekannte Wohnadresse
andere Wohnadresse(n)
Deportation von Wien nach Nisko am 20.10.1939
gestorben - Todesdatum unbekannt -
Die Recherche wurde von Julia, 14 Jahre, grg13, wenzgasse 7, übernommen.

Die Lebensgeschichte und wie die Recherche verlaufen ist:

Hans Cramer:

Ist am 26.07.1907 in Wien geboren. Ist in der israelitischen Kultusgemeinde nicht registriert oder hieß zu seiner Geburt anders (Es gibt eine Vermutung, dass er unter „Löwenkrohn“ bekannt war) Die letzte bekannte Wohnadresse ist Mariahilferstraße 178/23 ( Fotos des Hauses vorhanden ).
Hans Cramer war Handelsangestellter.1939 wurde er nach Polen auf Zwangsarbeit geschickt. Diese Arbeit dauerte aber nur 3 Monate und dann hatten diese Leute die Möglichkeit nach Russland zu flüchten, oder zurückzukehren- in beiden Fällen ging die Sache nicht gut aus.Trotz Ansuchens auf Aufschub der Deportation wegen Rheumatismus und Augenerkrankung, wurde er am 20.10.1939 nach Nisko deportiert. Außerdem bestand die Absicht nach New York auszureisen. Sein Bruder, Saul Bernhard Cramer, geb. am 27.8.1892 in Bukarest wurde am selben Tag auch nach Nisko deportiert.
Saul Bernhard Cramer, Tapezierergehilfe, lebte an der selben Adresse und dann in Mariahilferstraße 74.
Die Frau Saul Bernhards, Zura (auch Sura, Mädchenname: Avram), geb. am 01.03.1898 in einem nicht bekannten Ort, lebte zuletzt in Wien 1, Judengasse11. Sie wurde am 27.4.1942 im Transport 18 nach Wlodawa deportiert. Die beiden Kinder überlebten.

Der Brief an den/die Ermordete/n :

Sehr geehrter Hans Cramer! Am 22.Juni 2003



Ich musste Ihnen noch einmal schreiben, denn ob Sie es glauben oder nicht, Sie sind für mich ein sehr guter Freund geworden, fast genauso wie mein Tagebuch nur auf einer anderen Ebene. Gestern hatte mein Bruder Geburtstag aber das tut jetzt nichts zur Sache. Bald hat auch ihr Bruder Geburtstag, er muss nur noch 2 Monate warten, Sie nur noch 1 Monat. An Ihrem Geburtstag werde ich ganz fest an Sie denken, so sind Sie mir ans Herz gewachsen. Geben Sie eine große Himmelsparty? Wenn ja, hätte ich eine Bitte, laden Sie meine Opas ein, ich bin mir sicher, dass Sie ein bisschen Abwechslung brauchen. Am gestrigen Vormittag waren meine Freundin und ich bei Ihrem Haus. Wir haben in den Gängen Angst gehabt, denn alles war so kühl und verfallen. Ich glaube, dass die Zeit diese Kühle mit sich gebracht hat. Nicht nur die vielen Jahre in denen das Haus nicht renoviert wurde, sondern auch die schreckliche Vergangenheit. SS- Soldaten haben diese nackten Wände berührt als sie jüdische Hausbewohner hinaus geschliffen haben. Einfach atemberaubend! Im wahrsten Sinne des Wortes. Genauso wie in Mauthausen:
Meine beste Freundin und ich saßen nebeneinander im Bus. Wir fuhren gerade den Berg zum Konzentrationslager Mauthausen hinauf, als ich meine Freundin fragte, ob sie schon etwas sähe. Sie sagte nichts, sondern deutete nur aus dem Fenster. Was ich sah raubte mir den Atem und trieb mir Tränen in die Augen. Eine Festung, ein Gefängnis für unschuldige Menschen! Der Führer erklärte uns wie viele Menschen unschuldig dort festgehalten wurden (95%). Wir erfuhren von Schockduschen, Ganzkörperrasur, den engen Schlafräumen mit 20 Stockbetten für 140 Personen (Wie das geht? Es lagen 3 Leute mindestens in einem Bett), und den Regeln für die dort Gefangenen (Die meisten waren Polen, Russen und Franzosen). Der nette Herr, der uns durch diese Lager führte erzählte uns Geschichten der damaligen Zeit. Zwei haben mich besonders beeindruckt:
1. Ein Franzose bekam, zu seiner Verwunderung, von einem Offizier eine Zigarre geschenkt. Der Offizier gab ihm sogar Feuer! Der Franzose ging glücklich wieder davon, doch machte er einen Fehler: Er setzte seine Kappe zu früh auf, und schon wurde er bestraft. Meistens wurde man sogar mit dem Tod bestraft.
2. Jeder „Sträfling“ musste einen bestimmten Abstand zu einem Offizier oder einem Soldaten einhalten ( 3 Meter ). Außerdem mussten sie ihre Kappe abnehmen und durften den Vorgesetzten nicht einmal in die Augen blicken. Wenn sie etwas wollten, z.B.: auf die Toilette gehen, mussten die Polen, Russen, usw. ganz reines Deutsch sprechen. Aber woher sollten sie das können? Sie wurden ja aus ihrem eigenen Land abgeholt und hier in das Lager gesperrt. Die meisten, waren der deutschen Sprache nicht mächtig, was auch verständlich ist. Sie wurden dann geschlagen. 25 mal auf das nackte Hinterteil und so fest, dass die Haut schon aufsprang. Natürlich war das nicht alles. Die unschuldigen „Sträflinge“ mussten auch noch auf Deutsch mitzählen. Was fast keiner konnte. Wenn es derjenige nicht schaffte, Deutsch zu zählen oder man verzählte sich, dann wurde die Anzahl der Schläge dramatisch erhöht.

Am Schluss sind wir dann noch in die Gaskammer gegangen und zum Leichenverbrennungsraum. Dort waren sehr viele Blumen, Gedenktafeln und Fotos der umsonst Verstorbenen. Der Führer bat uns, nicht zu klatschen, was ich ehrlich gesagt auch nicht vorhatte. Er sagte nur, dass es ihm im Herzen weh tut, wenn man diesen Besuch nicht ernst nahm. Manche aus meiner Klasse, denke ich bei mir, sind vielleicht noch nicht reif dafür, überspielen ihre Trauer mit einem Lachkrampf oder sind einfach zu blöd für so etwas Welterschreckendes.
Mir tat es auch sehr im Herzen weh, d.h. tut es immer noch. Dann war noch eine Ausstellung, doch ich bin nur durch gegangen, weil ich schon zuviel gesehen hatte und meine Augen randvoll mit Wasser gefüllt waren.

Falls ich wieder einmal Zeit habe und die Lust verspüre mit Ihnen zu „REDEN“, schreibe ich Ihnen.


Ich hab Sie in meinem Herzen für immer eingraviert!

In Liebe,
Julia Wagner

Der Brief an die Zukunft (stieg am 5. Mai 2003 an einem Luftballon gebunden in den Himmel):

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